Empfehlungssysteme
Empfehlungssysteme (engl. „recommender systems“) sind aus dem Feld der künstlichen Intelligenz nicht mehr wegzudenken. Dies sind Algorithmen, die personalisierte Empfehlungen für Benutzer:innen generieren und dadurch die User Experience (UX) verbessern. Empfehlungssysteme finden sich in einer Vielzahl von Branchen bzw. Anwendungen, darunter E-Commerce (Produktvorschläge auf Amazon), Streaming-Dienste (passende Serien auf Netflix) oder soziale Netzwerke (Beiträge mit ähnlichen Themen auf LinkedIn). Viele Apps und Services haben Empfehlungssysteme implementiert, denn diese tragen dazu bei, die Benutzerbindung und -zufriedenheit zu erhöhen.
Bedeutung von Empfehlungssystemen
Kundenzufriedenheit und langfristige Bindung
Mit der Entwicklung von Empfehlungssystemen kommt ein tieferes Verständnis für Kunden und deren Präferenzen. Durch personalisierte Empfehlungen können Kunden gezielt angesprochen werden, was die UX erhöht und zu Käufen führt, die nicht bereut werden. Dies führt wiederum zu einer höheren Kundenzufriedenheit und zu einer langfristigen Kundenbindung.
Cross-Selling-Potenziale
Je nach eigenem Angebot kann es Sinn ergeben, Cross-Selling zu betreiben. Doch anstatt dies statisch oder auf Basis einer simplen Logik zu tun, kann man das Potenzial von gutem Cross-Selling durch Empfehlungssysteme nutzen. So kann man gezielte Angebote oder sogar spezifische Sonderaktionen auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden zuschneiden.
Personalisiertes Marketing
Gezielte Angebote müssen nicht nur im Cross-Selling verwendet werden; ganze Marketing-Kampagnen können personalisiert sein. Je nach gekauften Produkten oder Präferenzen in einem Service kann Werbung unterschiedlich geschaltet werden bzw. kann diese unterschiedliche dynamische Inhalte anzeigen. Dies führt zu einer effektiveren Kommunikation und einer höheren Erfolgsquote bei Marketing-Aktionen.
Typen von Empfehlungssystemen
Inhaltsbasierte Empfehlungssysteme
Inhaltsbasierte Empfehlungssysteme basieren auf spezifischen Merkmalen von Elementen, welche analysiert werden, um ähnliche Elemente zu finden und dann zu empfehlen. Diese Systeme nutzen Informationen über die Attribute von Produkten oder Dienstleistungen; im Falle von Netflix-Serien wären das z.B. Genre, Schauspieler:innen oder durchschnittliche Länge einer Folge. Basierend auf diesen Attributen werden Empfehlungen abgeleitet, die den Interessen des Users wahrscheinlich entsprechen.
Vorteile dieser Methode:
- Einfach zu implementieren und zu verstehen
- Möglichkeit, auch bei neuen Kunden oder Produkten Empfehlungen abzugeben
Kollaborative Empfehlungssysteme
- Nutzerbasiert: Nutzerbasierte kollaborative Empfehlungssysteme identifizieren User mit ähnlichen Interessen oder Verhaltensmustern. Basierend darauf werden Elemente empfohlen, die von diesen ähnlichen Usern bevorzugt wurden.
- Elementbasiert: Elementbasierte kollaborative Empfehlungssysteme berechnen die Ähnlichkeit zwischen Elementen basierend auf Bewertungen oder Interaktionen von Usern. Wenn ein User ein bestimmtes Element positiv bewertet hat, werden ähnliche Elemente empfohlen, die von anderen Usern ebenfalls positiv bewertet wurden.
Die Annahme bei kollaborativen Empfehlungssystemen ist, dass User, die in der Vergangenheit ähnliche Präferenzen hatten, auch in Zukunft ähnliche Produkte oder Services bevorzugen werden.
Vorteile dieser Methode:
- Hohe Personalisierung
- Kann weniger offensichtliche Empfehlungen generieren
Hybride Empfehlungssysteme
Hybride Empfehlungssysteme kombinieren verschiedene Ansätze mit dem Ziel, die Qualität der Empfehlung zu erhöhen. So wird hier veruscht, die Stärken der verschiedenen Ansätze zu nutzen.
Implementierung von Empfehlungssystemen
Auswahl des Richtigen Typs
Um den passenden Typ für das eigene Angebot zu finden, sollte man Ziele, Ressourcen und den Umfang der verfügbaren Daten berücksichtigen. Beispielsweise erfordern inhaltsbasierte Empfehlungssysteme detaillierte Informationen über die Produkte, während kollaborative Empfehlungssysteme auf Daten über die Interaktionen der Nutzer angewiesen sind.
Entwicklung und Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Wie auch in anderen Projekten erfordert die erfolgreiche Implementierung eines Empfehlungssystems eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen. Ziel und Anforderungen müssen für alle Beteiligten verständlich sein und natürlich muss das Vorhaben umsetzbar sein. Genauso sollte vorher deutlich sein, ab wann das Projekt abgeschlossen ist und wie man den Erfolg misst. Gerade der letzte Punkt ist unter Umständen nicht so offensichtlich und fällt je nach Produkt- oder Geschäftsstrategie unterschiedlich aus.
Monitoring und Reporting
Nach dem Release ist es wichtig, die Leistung des Systems kontinuierlich zu überwachen und ggf. zu optimieren. Wahrscheinlich kommen täglich neue User oder sogar Produkte hinzu und so ändert sich durchgehend die Datenlage. Ebenso wichtig: Bei steigender User-Anzahl steigt die Last und so kann es sein, dass die Anforderungen an Hardware steigen.
Erfolgsmessung von Empfehlungssystemen
KPIs für Empfehlungssysteme
Wie bereits erwähnt, ist die Erfolgsmessung abhängig von der Produktstrategie bzw. den Zielen, die zur Implementierung des Systems geführt haben. Um den Erfolg des Systems zu messen, können bestimmte KPIs (Key Performance Indicators) gewählt und überwacht werden. Beispiele sind Conversion-Rate, Steigerungen im durchschnittlichen Bestellwert, höhere Kundenzufriedenheit oder geringere Churn-Rate.
ROI von Empfehlungssystemen
Eng damit verbunden ist die Ermittlung des ROI (Return on Investment). Hier stehen die Implementierungs-, Betriebs- und Wartungskosten der erzielten Umsatzsteigerung gegenüber. Wie man diese Steigerung im Umsatz berechnet, ist nicht ganz trivial, vor allem, wenn andere Änderungen am Produkt ebenso zu Anpassungen im Kaufverhalten führen können.
Einige der folgenden Methoden können helfen, zu einem Schluss zu kommen:
- A/B-Tests: Die User werden in zwei Gruppen eingeteilt (Kontrollgruppe: keine Empfehlungen, Testgruppe: Empfehlungssystem aktiv). Wenn die Auswahl der Gruppen ohne Verzerrung stattfindet, kann man danach Erkenntnisse gewinnen, indem man die Gruppen miteinander vergleicht.
- Zeitreihenanalyse: Wenn die Implementierung des Empfehlungssystems die einzige Änderung ist, dann kann man wahrscheinlich Änderungen in den Absatz- bzw. Umsatzdaten wahrnehmen.
- Kausalanalyse: Hier werden die kausalen Zusammenhänge zwischen Empfehlungssystem und Umsatz berücksichtigt. Es werden z.B. die Klicks auf die Empfehlungen mit anschließendem Kauf analysiert.
Übrigens: Laut einer McKinsey-Studie von 2013 sind 35% der Amazon-Verkäufe und 75% der geschauten Netflix-Serien auf Empfehlungen zurückzuführen.
Zusammenfassung
Empfehlungssysteme können besonders im E-Commerce spannend werden, wenn man einen großen Kundenstamm und eine Mindestanzahl an Produkten hat. Sie können dazu beitragen, Umsätze zu steigern, Kundenbindung zu erhöhen und gezielte Marketing-Aktionen durchzuführen. Es gibt verschiedene Ansätze für Empfehlungssysteme: inhaltsbasiert, kollaborativ und hybrid. Die Implementierung eines solchen Systems bedarf guter Planung und Zusammenarbeit, kann sich aber für das Unternehmen lohnen.
Wenn du ein Wunschthema hast oder mir Feedback geben willst, schreibe gerne einen Kommentar oder schicke eine Mail an mail@thorejohannsen.de.